Freitag, 24. Juli 2015

Huntingtons ‚Kampf der Kulturen‘ aus heutiger Sicht

Es sind inzwischen fast 20 Jahre her, seit Samuel Huntington (1927-2008) die Welt mit seiner These vom Kampf der Kulturen erschütterte. Das Buch erschien 1996, nachdem er 1993 in einem Artikel in der Zeitschrift Foreign Affairs die These zum ersten Mal vorgestellt hatte. Ich las dieser Tage das Buch, um zu sehen, wie es Leuten ergeht, die versuchen, die Welt zu erklären. Außerdem gab es das Buch kostenlos im Rahmen meines E-Book-Abos. Der Englische Originaltitel heißt bekanntlich Clash of civilizations. Die Unterscheidung, die wir zwischen Zivilisation und Kultur machen, gibt es weder im Englischen noch im Französischen. Der Übersetzer hatte daher einige Probleme. Zur Erinnerung: Im Englischen ist Zivilisation eine Kultur im großem Ausmaß. Der Begriff Kulturkreis kommt dem am nächsten. Im Deutschen ist Zivilisation eine quasi mechanistische Voraussetzung von vielen Kulturen. Es ist das, was primitiven Kulturen meistens fehlt.
 
Anlass und Ziel des Buchs
 
Nach dem Fall der Berliner Mauer behauptete Francis Fukuyama (*1952), dass jetzt der ‚Westen‘ an allen Fronten gewonnen habe und daher der ewige Friede bevorstünde. Huntington hat sehr viel historisches Wissen analysiert, um diese Behauptung zu widerlegen. Während des Kalten Krieges sei der Westen lediglich die Speerspitze im Kampf gegen die bolschewistische Weltherrschaft gewesen. Wie im Falle Jugoslawiens brachen danach auf der ganzen Welt andere Konflikte wieder auf, die längst vergessen zu sein schienen.
 
Die westliche Kultur mag einmalig sein, sie sei aber nicht universell. Besonders in den USA war lange Zeit die Meinung verbreitet, dass alle Völker sich für die westlichen Werte entscheiden würden. Es sind dies: Demokratie, freie Märkte, Menschenrechte, Rechtstaatlichkeit, Individualismus und die Trennung des Religiösen vom Weltlichen. Es sei nicht zuletzt die Revitalisierung der Religionen, die kulturelle Unterschiede verstärke.
 
Kulturkreise und ihre Kernstaaten
 
Die wichtigsten nicht-westlichen Kulturen sind die chinesische und islamische. Die indische, japanische, russische und latein-amerikanische sind auch im Rennen, aber weniger aggressiv. Er benutzt für die sieben Kulturkreise die Bezeichnungen: sinisch, islamisch, westlich, hinduistisch, japanisch, östlich und lateinamerikanisch. Diese sind von Natur aus langlebig. Alle verfügen über Kernstaaten, außer der islamischen. Meist gruppieren sich mehrere Länder hinter der Führungsnation einer Kultur.
 
China ist eindeutig der Kernstaat und Magnet der sinischen Kultur. Nur bei seinem ersten Besuch in Peking im Jahre 1976 bestand Lee Kuan Yew, der Premier von Singapur, darauf mit Chinesen Englisch zu sprechen. Er hat es danach nie wieder getan. Seit dem Untergang des osmanischen Reiches ist die Position eines Kernstaates für den islamischen Kulturkreis nicht mehr besetzt worden. Arabien besteht heute aus einer Ansammlung von Stämmen, nur verbunden mit der einheitlichen (schwarzen) Flagge des Islams. Es gäbe keine führende Nation. Außerdem ist der Islam tief gespalten zwischen Sunniten und Schiiten.
 
Neben den großen Kulturkreisen gibt es auch einsame Länder. Beispiele sind Äthiopien, Haiti und Japan. Zerrissen seien Länder wie Russland, Mexiko und die Türkei. Russland stelle eine überalterte Gesellschaft dar, und sei keine Bedrohung für den Westen, wenn man ihm sein Einflussgebiet lässt. Die Türkei wollte Atatürk verwestlichen und modernisieren, ohne Rücksicht auf Verluste. Dass dies nicht ganz gelang, erfahren wir Deutschen an den Millionen von türkisch stämmigen Einwandern, die bei uns heimisch wurden. Russland, Japan und Indien pendeln im Grunde zwischen dem Westen, dem Islam und China. Russlands Anrainer-Staaten haben noch weniger als die Ukraine die Chance, einen eigenen Weg zu gehen. Weißrussland sei bis auf seinen Namen ein Teil Russlands. Georgien habe keine Wahl, außer sich von Russland helfen zu lassen.
 
Mehrfachidentität und Multikulti
 
Fast immer folge das kulturelle Selbstbewusstsein eines Landes seinem wirtschaftlichem Erfolg. China ist auch hier das auffallendste Beispiel. Mit der kulturellen Identität tritt die Frage in den Hintergrund: 'Auf wessen Seite stehst Du?'. Die Frage, die an ihre Stelle tritt, heißt: 'Wer bist Du?'. Man definiert sich selber, indem man differenziert.
 
Im Grunde hat jeder Mensch mehrere Identitäten, die miteinander im Konflikt liegen können. Der Idee des Multikulturismus gegenüber war Huntington extrem ablehnend. Er befürchtete, dass dadurch der Individualismus innerhalb einer Gesellschaft ersetzt würde durch Gruppendenken. Interkulturelle Partnerschaften, etwa zwischen den USA und Russland, zu erwarten, sei eine Illusion. Das Wort Kalter Krieg sei kein Begriff der Neuzeit. Das ganze Mittelalter über, also 1000 Jahre lang, bestand ein Verhältnis zwischen Christen und Muslimen, für das die Bezeichnung Kalter Krieg (span. guerra fria) galt.
 
Konflikte und ihre Wurzeln
 
Huntington greift eine Klasse von Konflikten heraus, deren Wurzeln sich aus kulturellen Unterschieden erklären lassen. Dies erklärt die Wurzeln einiger heutiger Konflikte ganz gut. So sagt er (1996) zur Ukraine, dass das Land gespalten sei. Es sei dies keine ethnische Spaltung, sondern es handle sich um zwei Kulturen. Auf der Krim und im Donbass drängt die russische Mehrheit auf den Anschluss an Russland. Sie wollen nicht Teil des ‚Westens‘ sein, wie er durch die ehemals polnischen oder österreichischen Westler (unierte Christen) angestrebt wird. Das Land ist nur vor dem Zerfall sicher, solange russlandfreundliche Politiker das Sagen haben. ‚Der Osten und die Krim werden zu Russland kommen, den Westen kann der Teufel holen,‘ so zitierte Huntington einen russischen General.
 
Über Griechenland schrieb er:  ‚Griechenland ist nicht Teil des westlichen Kulturkreises. ... Es verfolgte immer eine Wirtschaftspolitik, die den in Brüssel herrschenden Standards Hohn zu sprechen schien.... In Zypern sind etwa 2000 Unternehmen in russischem Besitz...Nach dem Kaltem Krieg entwickelt sich Griechenland zum Partner Russlands.‘ Manche Konflikte der Zukunft würden durch die Arroganz des Westens verschuldet, andere durch islamische Unduldsamkeit oder sinischem Auftrumpfen. Mit dieser Voraussage wird Huntington Recht behalten.
 
Bruchlinienkriege und Migrationsströme
 
Die Welt ist voll von Bruchlinienkriegen. In Bosnien und Kroatien geht es gerade um die Bruchlinie zwischen dem Islam und dem Westen, die schon den ersten Weltkrieg auslöste. Während Huntington sein Buch schrieb, gaben die USA und Saudi-Arabien militärische Hilfe an Bosnien, Russland an Serbien. Kroatien suchte und bekam Hilfe aus Westeuropa. Die islamische Bedrohung drückte sich damals wie heute in Terror aus. Es sei ein Quasikrieg. Es gäbe keinerlei Beweise, dass Terror von Muslimen abgelehnt wird. Das Problem sei nicht der islamische Fundalismus, sondern der Islam, meinte Huntington. Ein wichtiger Grund für Konflikte ergebe sich aus dem Populationsdruck. China halte sich, was Bruchlinienkriege betrifft, auffallend zurück. Es wurde immer wieder in eine Allianz mit den muslimischen Hardlinern Iran und Pakistan gedrängt. Es beschränke sich jedoch auf Waffenlieferungen.  
 
Migrationsströme waren vor 20 Jahren im Vergleich zu heute, kleine Rinnsale. Geradezu prophetisch klingt der Satz: Ein Migrationsstrom, der einmal in Gang gekommen, unterhält sich selbst. Die ersten Umsiedler, die Fuß gefasst haben, ziehen unweigerlich andere nach. Heute werden die Migrationsströme etwa aus Afrika und dem Balkan noch von Flüchtlingsströmen etwa aus Syrien und Afghanistan überlagert. Nur bei den Flüchtlingen besteht die Hoffnung, dass sie einmal in ihre Heimat zurückkehren.
 
Gibt es die Weltkultur?
 
Für manche politisch Gebildeten, besonders aus Entwicklungsländern, scheint es gewisse minimale Gemeinsamkeiten zu geben. Huntington nennt dies die Davos-Kultur. Er selbst hat einmal am Weltwirtschaftsforum teilgenommen. Sie umfasse eine recht dünne Oberschicht. Es sei noch ein langer Weg, bis daraus eine Weltkultur würde. Wenn damals (und auch heute) von der Weltgemeinschaft gesprochen wird, ist dies meist ein euphemistischer Ersatz für die 'Freie Welt', ein Begriff aus der Zeit des Kalten Krieges. Ob er heute andere Länder und Kulturen umfasst als damals, darf bezweifelt werden.
 
Der nicht greifbaren Weltkultur gegenüber stehen weltweit agierende Unternehmen und Verbände, darunter auch Drogenkartelle und Verbrechersyndikate. Auch die Terrororganisationen operieren weltweit. Ob die Welt in der Form wie sie heute ist, damit fertig wird, wird sich zeigen müssen. Es ist dies auch heute eine der großen offenen Fragen. Dass politische oder humanitäre Weltorganisationen in Huntingtons Buch überhaupt nicht vorkommen, ist erstaunlich.
 
Diskussion und Kritik
 
Huntingtons These hatte natürlich auch Kritiker auf den Plan gerufen. So ist zum Beispiel der in Indien geborene Ökonom und Nobelpreisträger Amartya Sen (*1933) der Auffassung, dass Huntingtons Buch unter den vielen Aspekten, welche die Identität eines Menschen ausmachen, der kulturellen Zugehörigkeit zu großes Gewicht beimesse. Er kritisiert die Einschränkung des Menschen auf Religion und Kultur.
 
Bezüglich langfristiger Trends scheint mir Huntington durchaus richtig zu liegen. Die USA und Europa entwickeln sich immer stärker in die Richtung von gespaltenen Gesellschaften. In den USA sind es Westler und Latinos, in Europa Westler und Muslime. Die USA hispanisiert, die EU islamisiert. Der Trend der letzten 20 Jahre war sehr eindeutig. Huntington warnt davor, Spalten zu übersehen. Er sagt nicht, was Gesellschaften tun können, damit diese nicht zur Katastrophe werden. Er ist ein Wissenschaftler, der nur diagnostiziert. Heilen. d.h. eine Therapie auswählen und diese anwenden, das müssen andere.
 
Was mich beim Lesen manchmal bewegte, waren Fragen der Art: Muss die Wissenschaft immer so sehr abstrahieren, um überhaupt sinnvolle Aussagen machen zu können? Ist das Weltgeschehen immer monokausal? Oder hört einfach niemand mehr zu, sobald man differenziert? Auch ich sehe viele Konflikte, die nicht kulturell bedingt sind.

Mittwoch, 22. Juli 2015

Wo sind sie denn, die Praktiker? Nur her mit ihnen!

Das Thema Fachgesellschaften kam in diesem Blog immer wieder vor. Seit Jahren stagniert die Mitgliederzahl der GI. Schuld seien die Praktiker. In einem Kommentar zu einem früheren Blog-Beitrag schrieb Katharina Zweig:
 
… als Junior Fellow der GI kann ich Sie nur dazu auffordern, Kandidaten und Kandidatinnen für ein Junior Fellowship, die nicht aus dem akademischen Feld kommen, massenweise vorzuschlagen. Wir würden uns sehr freuen, diese in unseren Kreis aufzunehmen!
 
In etwas drastischerer Sprache ausgedrückt, lässt sich das Zitat wie folgt verkürzen: Schmeißt Sie nur her, die Praktiker! Dem kann ich nur entgegnen: Wenn es doch so einfach wäre!  Um sich der Problematik zu nähern, will ich auf einige frühere Erfahrungen kurz hinweisen.
 
Frühere Erfahrungen und Hinweise
 
Die  GI wurde bekanntlich in Bonn in den Räumen des Forschungsministeriums gegründet. Anwesend waren diejenigen Professoren, die ihre Universitäten im Förderprogramm des Bundes vertraten, also die Empfänger von Fördergeldern. Erste Praktiker und Kollegen von Fachhochschulen traten Monate später ein. Der kürzlich verstorbene Kollege Eike Jessen, der damals für den Rechnerhersteller Telefunken arbeitete, schlug 1972 dem GI-Präsidium vor, eine Zeitschrift für Mitglieder zu gründen. Diese könnten Praktiker, die nicht während ihrer Arbeitszeit am Leben der GI (wie an ganztägigen Tagungen) teilnehmen können, außerhalb ihrer Arbeitszeit lesen. Daraus wurde das Informatik-Spektrum.  
 
Bald danach wurde eine Zeitschrift gegründet, Informatik – Forschung und Entwicklung (IFE) genannt, in der Forscher und Entwickler in deutscher Sprache veröffentlichen sollten. Die Zeitschrift existiert noch (unter anderem Namen), veröffentlicht aber nur noch in Englisch. Das Schicksal ist schnell erklärt: Die akademischen  Forscher, die ja vorwiegend in Zeitschriften publizierten, zogen weiterhin englischsprachige Zeitschriften vor, weil nur diese auf der ganzen Welt gelesen und zitiert werden. Entwickler publizieren nur das in Zeitschriften, was für sie keinen Wert hat. Alles andere fließt in Produkte. Oft wird es auch publiziert, und zwar vorwiegend in Form von Patentanträgen, weil dadurch das geistige Eigentum geschützt ist. Alle Versuche, Entwickler dafür zu gewinnen in IFE zu publizieren, schlugen fehl.
 
Seit ich im Ruhestand bin, habe ich mehrere Versuche unternommen, auf das Vorhandensein von Kollegen hinzuweisen, die nicht an Hochschulen tätig sind. Nur zwei Aktionen möchte ich erwähnen. In diesem Blog gehören zwei Beiträge aus dem Sommer 2011 zu den absoluten Rennern. Es sind: 

 
Die Tatsache, dass diese Art von Information über Leitbilder aus der Praxis sehr begehrt ist, hat mich darin bestärkt, diesen Blog fortzuführen. Im letzten Monat erschien das Buch Menschen machen Informatik von Albert Endres und Rul Gunzenhäuser. Darin enthalten sind 16 Interviews mit Wissenschaftlern und 11 Interviews mit Praktikern. Bei den 15 Nachrufen ist das Verhältnis 4:11, so dass insgesamt ein Verhältnis 20:22 zu Gunsten der Praktiker herauskommt. Alle Interviews und die Nachrufe erschienen vorher in diesem Blog. Zu meiner Überraschung erreicht das Buch Kolleginnen und Kollegen, für die ein Blog Neuland ist. Der Blog enthält übrigens noch ein halbes Dutzend Interviews, die es nicht in das Buch schafften. Sie stammen vorwiegend von Praktikern.
 
Vorhandene Attraktoren für Akademiker
 
Hier fällt mir immer wieder die Analogie zur Feudalzeit ein. Junge Adelige wurden angehalten, möglichst viel Zeit am Hofe eines übergeordneten Herrschers zu verbringen. So gingen schon bayrische Prinzen an den Hof Karls des Großen. Kamen sie dann selbst an die Macht, bestanden persönliche Kontakte, die hilfreich waren. Professoren listen als ihre Schüler immer nur diejenigen, die auch bei ihnen promoviert haben. Alle andern sind verlorene Söhne oder Töchter. Es besteht kaum noch Kontakt zu ihnen.
 
Fachgesellschaften unterstützen den gegenseitigen Kontakt von Akademikern, vorwiegend durch mehrtägige Veranstaltungen. An die Stelle von Ritterspielen treten fachliche Feste. Oft ist ein älterer Kollege der Anlassgeber (Jubiläen, Positionswechsel) oder man wechselt einfach von Residenz zu Residenz, Verzeihung - ich meine von Hochschule zu Hochschule. Außenstehende benutzen manchmal das böse Wort von Seilschaften. Was früher primär familiäre Beziehungen waren, so wie zwischen Habsburg und dem Haus Baden, sind heute fachliche Verwandtschaften. Man sagt auch Schulen dazu. In der Informatik gibt es eine Münchner und Saarbrücker Schule – um nur die bekanntesten zu nennen.
 
Die nicht in die akademische Laufbahn gewechselten Schüler sind quasi Aussteiger. Oft kommen diese in der rauen Wirklichkeit unter diverse Einflüsse und verraten auch schon mal die reine Lehre. Kommen sie nur bei ihrer Alma mater vorbei um Hallo zu sagen, ist das von geringer Bedeutung. Mit Geld dotierte Kooperationsprojekte im Gepäck werden lieber gesehen.
 
Mögliche Attraktoren für Praktiker
 
Was im vorigen Abschnitt als recht natürlich klang, und historische Parallelen suggeriert, ist im Falle von Praktikern wesentlich komplizierter. Eine Fachgesellschaft kann nicht mit Familienfesten allein locken. Sie muss Angebote haben, die man vor Ort  und am Wochenende konsumieren kann. Eine Fachtagung ist fast immer verlorene Zeit, es sei denn Studierende tragen vor, und man selbst stellt gerade Absolventen ein. Leuten zuzuhören, die nur andere Akademiker beeindrucken wollen, bringt meistens nichts. Der verbilligte Bezug von Zeitschriften, auf die man sehr leicht verzichten kann, beeindruckt nicht. Da Verleger erkannt haben, dass viele Zeitschriften primär für Autoren interessant sind, und nicht für die Leser, bitten sie auch zunehmend die Autoren zur Kasse.
 
Gerade das Internet bietet enorme Chancen, auch für Fachgesellschaften, über die man nachdenken sollte. Wer wissen will, was möglich ist, braucht nur über den Zaun zu schauen. Ich meine natürlich den Ozean bzw. mein Terminal oder Lesegerät. ACM und IEEE bombardieren mich jede Woche mit neuen (für mich kostenlosen) Angeboten, die ich ähnlich wie einen MOOC im persönlichen Tempo nutzen kann. Jede dieser beiden Fachgesellschaften hat niedrigere Mitgliedsbeiträge als die GI, und ein wesentlich reichhaltigeres und attraktiveres Angebot.
 
Ehe ich neue Arten von Angeboten selber erfinde und hier vortrage, höre ich lieber auf. Ich verlasse mich auf die geballte Intelligenz der Leser. Zur Not verfasse ich irgendwann selbst einen Nachtrag. Noch hat mich Ex-Kollege Gunter Dueck nicht davon überzeugt, dass der Schwarm immer dumm macht.


Nachtrag vom 24.7.2015:

Alldieweil ich auf eine Antwort warte, die vielleicht gar nicht kommt, hier meine Mail vom 23.7.2015 an Katharina Zweig:

ehe ich unsere spannende Diskussion beende, hier noch ein Hinweis, der Ihnen hilft meine Aversion gegen das Mantra ‚Mehr Forschung braucht das Land‘ zu verstehen. Ich arbeitete die meiste Zeit meines Lebens in einer Umgebung, in der Investitionen in Forschung und Entwicklung oft in Konkurrenz zueinander standen. Damals galt:


(a) Forschung ist nicht da die Antwort, wo eigentlich Entwicklung nötig und möglich ist. 
(b) Forschung ist nicht da erforderlich, wo Entwicklung niemals nötig oder je möglich sein wird.

Ich gebe zu, dass es auch andere Umgebungen gibt, z.B. solche, die man mit dem Satz umschreiben kann ‚Schreibe Forschungsanträge oder stirb!‘ (in Abwandlung des bekannteren Slogans ‚Publish or die!‘). Diese Art der Arbeitsumgebung blieb mir zeitlebens erspart.

Donnerstag, 16. Juli 2015

Wer möchte schon in langweiligen Zeiten leben?

Mögest Du in interessanten Zeiten leben – so heißt ein altchinesischer Fluch. Umgekehrt folgt daraus, dass es besser ist in langweiligen Zeiten zu leben. Schon lange habe ich Nachrichten nicht mehr im stündlichen Rhythmus verfolgt. Während der letzten vier Wochen lohnte es sich. Ich selbst kommentierte nur etwa jede zehnte Nachricht, die ich las. Ich spekulierte darüber, wie es wohl weitergehen könnte. Einige meiner E-Mail-Partner genossen dies. Die Ergänzungen zu meinem letzten Blog-Eintrag, der Griechenland betraf, hatte ich nach dem 13. Kommentar beendet. Gestern schickte mir mein Freund Peter Hiemann aus Grasse eine längere Mail, in der er über die heutige politische Situation reflektiert. Diese Ideen möchte ich meinen Lesern nicht vorenthalten. Am Tag vorher hatte Peter Hiemann mir geschrieben:

Die Ereignisse in Griechenland könnten beispielhaft auf weitere politische und gesellschaftliche Veränderungen in Europa hindeuten. Ich sehe nämlich Beispiele, wie Eliten, die existierende politische und ökonomische Systeme 'verteidigen', in die Defensive geraten sind. Insbesondere die ältere Generation der Sozialdemokratie.  

Dazu hatte ich bemerkt: Wo in Europa (oder anderswo) sehen Sie junge Idealisten, die wir beide unterstützen müssen? Seine Antwort:  

Ich kenne niemanden. Ihre Frage hat mich jedoch angeregt, ein paar meiner Gedanken offenzulegen: Ich kenne niemanden, der derzeit behaupten kann, er habe eine klare Vorstellung davon, wie und warum die zahlreichen gegenwärtigen Krisensituationen entstanden sind und wie sie überwunden werden könnten. Ich kenne einige, die mit  derzeitigen ökonomischen und politischen Verhältnisse unzufrieden sind und der Ansicht sind, dass derzeitige Ökonomen und Politiker nicht mehr glaubwürdig sind, wenn sie behaupten, Krisensituationen unter Kontrolle zu haben oder gar zukünftig vermeiden zu können. Ich weiß aus Presseberichten von Bevölkerungsgruppen (Tendenz steigend), die persönlich unter Not und Perspektivlosigkeit leiden und die Hoffnung auf Besserung ihrer Lage verlieren.  Frustrationen sind vielfältig, ob Schuldenkrise in Griechenland, Flüchtlingsdramen am Mittelmeer, Krieg in der Ukraine oder Terrorregime im Nahen Osten und Afrika. Die von Krieg und Terror direkt Betroffenen sind frustriert, weil sie sich nicht schützen können. Die von ökonomischer Not Betroffenen sind frustriert, weil sie hilflos sind, um ihre ökonomische Situation und Perspektive zu beeinflussen.  

Ein alter Herr sitzt in seinem komfortablen Glashaus [Hiemann meint sich selbst] und ist nachdenklich, weil er sich im weiteren Sinn für die gegenwärtigen gesellschaftlichen Zustände mitverantwortlich sieht, seinen Kindern und Enkeln aber keine Weisheiten hinterlassen kann, wie unter heutigen Bedingungen Ungerechtigkeiten und Unfrieden, wenn schon nicht vermieden werden können, so doch wenigstens für Betroffene nicht zu lebensbedrohlichen Situationen führen. Der alte Herr kann lediglich ein paar Gedanken formulieren, die ihm durch den Kopf gehen. Wenn er Glück hat, findet er ab und zu jemanden, der daran interessiert ist, ein paar seiner Überlegungen nachzuvollziehen. Er rät Leuten, die im Glashaus sitzen, übrigens dringend davon ab, aufkommenden Frust mit Steinewerfen abzureagieren.  

Er ist überzeugt, dass weiterführende gesellschaftliche Vorstellungen nur auf der Basis weiterführender ökonomischer Einsichten gewonnen werden können. Es geht um Erkenntnisse,  welche positiven und negativen Einflüsse ökonomische Strategien und Verhaltensweisen auf Gesellschaftsverhältnisse besitzen und wie sie Gesellschaftsverhältnisse verändern. Neue Einsichten können gewonnen werden, wenn sowohl neues Wissens erarbeitet wird als auch Fähigkeiten zur Kommunikation verbessert werden. Letzteres betrifft vor allem auch die  emotionale Bewertung anderer  und fremder Vorstellungen (erfordert emotionale Intelligenz). 

Die Vorstellung, dass heute existierende ökonomische Unternehmen ausgleichende Eigenschaften sich selbst organisierender Systeme besitzen, ist eine Legende. Es ist erwiesen, dass Unternehmen die Tendenz besitzen, sich zu 'Monstern' zu entwickeln. Es ist auch erwiesen, dass ökonomische 'Monster' der Gesellschaft schaden. Derzeit werden solche 'Monster' im Krisenfall mit gesellschaftlichen Mitteln am Leben erhalten. Es wird behauptet ( 'too big to fail'), dass deren Erhaltung weniger gesellschaftlichen Schaden anrichten würde als  deren Tod (Insolvenz). Bei der Theorie 'too big to fail' könnte es sich um eine Legende handeln, die von Ökonomen verbreitet wird, aus welchen Gründen auch immer.  

Vorstellungen, die sich mit weniger 'big' und wesentlich weniger Risiko 'to fail' befassen, besitzen das Potential, durch mehr autonome Handlungsweisen in kleinen und mittleren Unternehmen interessante Arbeitsplätze und Lebensqualität zu ermöglichen. Es ist eine zynische ökonomische Strategie, durch notleidende Arbeitskräfte im Ausland  Kunden im Inland zufriedenzustellen. Einige Unternehmensbereiche scheinen sich bereits auf  lokale Produktionsmöglichkeiten umzuorientieren, z.B. lokale Energiegewinnung bzw. Energieumwandlungen, lokal produzierte Lebensmittel. Oft werden schädliche Einflüsse großer Konzerne und Handelsketten unterschätzt. Es ist äußerst wichtig, dass relativ arme Bevölkerungen, die von einfachen lokalen Produktionsmöglichkeiten abhängen, nicht durch Subventionen oder Handelsverträge relativ reicher Staaten in ihren Handlungsmöglichkeiten  eingeschrânkt oder durch aggressive Preisgestaltung gar behindert werden.  

Ganz allgemein geht es darum, neue Erkenntnissen hinsichtlich der Vor- und Nachteile ökonomischer und politischer Strategien zu gewinnen und zu beachten, z.B. hinsichtlich lokaler vs. globaler Unternehmensstrategien, wirtschaftsdienlichen vs. investigativen, spekulativen Finanztransaktionen und natürlich auch Vor- und Nachteilen internationaler Handelsvereinbarungen (auch einer Währungsunion). Karl Polanyi (The Great Transformation) hat überzeugend die Vorstellungen verworfen,  dass Arbeitskraft und Geld wie Waren gehandelt werden sollen. Diese Vorstellungen gehören auf den Müll der Geschichte.  

Der alte Herr gibt zu bedenken, dass zwar viele gesellschaftlichen Vorteile auf technologischem Wissen beruhen, jedoch nicht alles, was technisch möglich ist, auch gesellschaftlich verträglich ist. Das bedeutet letztlich immer zu versuchen, Innovation und Praxis unter einen Hut zu bringen. Pure philosophische Denkweisen, die praktische empirische Erfahrungen außer Acht lassen, können zu gesellschaftlichen Analysen und möglichen Veränderungen nichts Wesentliches mehr beitragen. Es ist unrealistisch, von jungen Idealisten zu erwarten, dass sie zukunftsfähige und langfristig tragfähige gesellschaftlichen Perspektiven entwickeln und durchzusetzen können, indem sie sich zu spontanen Bewegungen verabreden. Wohl aber können Protestbewegungen bewirken, dass Eliten sich ihrer Verantwortung bewusst werden, langfristig tragfähige wissenschaftliche, ökonomische und politische Vorstellungen zu entwickeln, für die sich junge Leute begeistern und einsetzen können und wollen. Insofern scheinen mir "Occupy Wall Street" oder "Podemos" durchaus sinnvoll. Dagegen halte ich "Pegida" für reaktionär.  

Die derzeitige Schuldenkrise in Griechenland wird gesellschaftliche Auswirkungen nicht nur in Griechenland haben. Die geballten ökonomischen und politischen Kräfte von  anderen Eurostaaten haben es nur vermocht, den Austritt Griechenlands aus der Eurozone vorübergehend zu vermeiden. Instabile ökonomische Verhältnisse werden jedoch weiterhin finanziell exponierte EU Staaten 'plagen', nicht nur Griechenland. Die nächste Krise kommt bestimmt. Welche Auswirkungen zukünftige Krisen auf zukünftige gesellschaftliche Veränderungen in Europa haben werden, lässt sich nicht vorhersehen. Auf jeden Fall erzeugen Krisenzeiten einen 'intellektuellen' Druck, ein paar grundlegende Funktionen gesellschaftlicher Institutionen zu überdenken, und vielleicht sogar ein paar notwendige Veränderungen zu veranlassen. Dazu braucht es Eliten, die auf Krisensituationen vorbereitet sind. Es soll vorgekommen, dass sich selbsternannte Führer berufen fühlen, eine Massenbewegung zu organisieren und für persönliche Interessen zu missbrauchen.  

Die oben angesprochenen Überlegungen betreffen auch die oft gehörte Vorstellung „small is beautyful“. Ein paar ausführliche Überlegungen dazu hat der mir bisher unbekannte Ökonomen Ernst Friedrich Schumacher (1911-1977) angestellt: Die Ideen Schumachers dürften einigen Ökonomen nicht unbekannt sein: „Es war Schumacher, der Anfang der 1940er Jahre den Alternativvorschlag von John Maynard Keynes zum letztlich eingesetzten Bretton-Woods-System der US-Amerikaner ausgearbeitet hatte. Man könnte Schumacher damit sogar als einen der Väter der Europäischen Währungseinheit bzw. des Euro bezeichnen.“(Wikipedia). Was an Schumachers Vorstellungen heute noch oder wieder aktuell sein könnte, muss ich noch herausfinden.  

Gesellschaften, die mehr oder weniger mittels ideologischen oder/und nationalen Argumenten autoritär regiert werden, benutzen mehr oder weniger die gleichen Technologien und unterliegen mehr oder weniger den gleichen ökonomischen Prinzipien wie demokratisch orientierte Gesellschaften. An die Stelle der Freiheitsargumente des vergangenen 'Kalten Kriegs' treten heute Argumente, ob demokratisch orientierte Gesellschaften bessere gesellschaftliche Voraussetzungen für kreative und harmonische Verhältnisse bieten als autoritär regierte Gesellschaften, die restriktive normative Verhaltensweisen befolgen.  

Anstatt Peter Hiemanns Ausführungen zu vertiefen, will ich davon ablenken, indem ich kurz die Geschichte eines meiner Ahnen einfüge. Sie soll die Meinung relativieren, dass nur wir in interessanten Zeiten leben.  

Peter W., der Urgroßvater meines Großvaters (kurz Ahn Peter genannt) lebte von 1768-1842. Er kam in seinem Leben nie aus seinem Eifeldorf heraus. Seine Jugend verbrachte er in den Österreichischen Niederlanden, genauer im Großherzogtum Luxemburg. Sein oberster Landesherr war Kaiser Josef II. Der war von 1765 bis 1790 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, danach Leopold II. und Franz II.. Ahn Peter hatte 1793 geheiratet. Im August 1794 kamen französische Sansculotten (auf Deutsch: Hosenlose) und plünderten Klöster. Schlösser und Kirchen. Sie vertrieben den Baron, den Pfarrer und alle Ordensleute. Sie errichteten einen Freiheitsbaum, sangen die Marseillaise und kassierten Naturalien und jede Menge Geld. Ein Volksaufstand der Eifler (Klöppelkrieg genannt) wurde 1796 blutig niedergeschlagen. 

Im Jahre 1801 kam der Weltgeist Napoléon persönlich nach Trier. Bald darauf mussten Söhne und Knechte mit Napoléon nach Spanien und Russland. Nachdem Blücher die Franzosen vertrieben hatte, wurde Ahn Peter 1815 Untertan des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. Seine Kinder waren recht aufmüpfig geworden und stritten mit dem Vater um das Erbe. Man teilte den Grundbesitz des Hofes in acht Flächenlose auf. Wem das zu wenig war, wanderte nach Amerika aus. Ahn Peter behielt ein Flächenlos und das Hofgebäude. Wegen der beweglichen Anteile (Vieh, Gerätschaften, Bargeld) prozessierte man vor preußischen Gerichten nach französischem Recht, oft in drei Instanzen. Drei Kinder bauten sich Häuser im Dorf und bewirtschafteten ihr Erbteil. Deren Söhne zogen für die Preußen gegen Dänemark und Österreich in den Krieg. 

Das griechische Drama geht bestimmt noch eine Weile weiter. Heute Nacht hat das Athener Parlament die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass andere Parlamente die Aufnahme von Verhandlungen über ein drittes Hilfsprogramm beschließen können.

Dienstag, 7. Juli 2015

Informatik – ein praktisches Berufsfeld oder nur ein Betätigungsfeld für Akademiker?

Heute schrieb ich einen offenen Brief an den Präsidenten der Gesellschaft für Informatik (GI). Ich verteilte ihn auch direkt an ein halbes Dutzend GI-Mitglieder. Hier der volle Wortlaut:

Lieber Herr Liggesmeyer, mit der gerade erfolgten Ernennung der drei Junior Fellows setzt die GI ihren fatalen Trend fort, die Informatik in Deutschland zu ruinieren [Nachtrag: gemeint ist in erster Linie ihr Ruf, und - daraus folgend - ihre Attraktivität]. Sie hebt drei junge Menschen hervor, die ihr Leben der Forschung gewidmet haben. Das beste, was diese Leute jemals für ihr Land tun werden, ist noch mehr akademische Papiere zu produzieren. Vielleicht erhalten sie einmal die ‚venia legendi‘ für eine unserer Hochschulen. d.h. das Recht, junge Menschen mit ihren Ideen zu beglücken.

Nicht Forschung sollte man fördern, d.h. das Suchen um des Suchens willen. Ergebnisse braucht das Land und die Wirtschaft. Damit meine ich, bessere Lösungen für die großen Probleme unserer Zeit. Es gibt sehr viele Probleme, bei denen Informatiker helfen können, sei es in der Wirtschaft, der Verwaltung, der Umwelt. usw., usw.. Obwohl viele Aufgaben von Außen an die Informatik herangetragen werden, sollten wir ihnen nicht aus dem Wege gehen. Da es auch Aufgaben gibt,  welche die Informatik von sich aus aufgreifen kann, habe ich Simone Rehm und Peter Mertens bei ihrer Initiative der ‚Grand Challenges‘ unterstützt.

Wenn die GI es nicht für nötig hält, Beiträge zur Lösung aktueller Probleme zu identifizieren und anzuerkennen, wer soll es denn tun? Erfolgreiche Lösungen sind solche, die sich im Weltmarkt durchsetzen. Sie nützen Menschen nicht nur in Deutschland, sondern in der ganzen Welt. Auf diesem Gebiet ist Deutschland als Lieferant und Exportland unterrepräsentiert. Da sollte sich auch die GI um eine Verbesserung bemühen.

In meinem letzten Blog-Eintrag, der sich mit der Situation der Informatik in Deutschland befasst, schrieb ich: 


Nur wer Standard-Software entwickelt, trägt dazu bei, dass es unserem Land gut geht und dass unsere Branche eine Chance hat zu überleben. ... Andere Software zu erstellen, ist eine unverantwortliche Verschwendung wertvoller menschlicher Fähigkeiten. ... Wenn wir uns bezüglich seiner Grundlagen, Erfolgsfaktoren und Risiken nicht stärker austauschen, besteht die Gefahr, dass junge Menschen schon in der Ausbildung fehlgeleitet werden. Dass unsere Wirtschaft dadurch Schaden erleidet, ist mehr als nur ein Nebeneffekt.

Wann wird in Deutschland die Informatik endlich wieder vom Kopf auf die Füße gestellt? Nicht nur wer in der Lage ist, mit immer riskanteren Versprechungen deutsche oder europäische Forschungsmittel einzuwerben, hat etwas für unsere Branche oder unser Land getan. Die wirklichen Helden oder 'hidden champions' sind andere. Das scheint - zumindest in der GI - in Vergessenheit geraten zu sein. Beste Grüße.

NB: Ich warte auf Reaktionen. Vielleicht sind einige dabei, die ich veröffentlichen darf.


Nachtrag vom 8.7.2015: 

Eine Antwort von Peter Liggesmeyer mit Kopie an alle Empfänger meines Briefes gab es bereits gestern Nachmittag. Ich zitieren einige Sätze daraus:

Ich teile voll und ganz Ihre Auffassung, dass die GI sich stärker für die Belange der Wirtschaft öffnen muss, ohne dabei Ihre akademischen Mitglieder zu brüskieren. … Die "Grand Challenges" schätze ich ähnlich ein, wie Sie. Es handelt sich um wichtige hauptsächlich "interne" Themen der Informatik, was nicht ausschließt, dass es auch andere Themen mit Informatik-Beteiligung gibt, die wichtig sind.

Was mich an Ihrer Mail zu diesem Zeitpunkt offen gestanden überrascht, ist, dass die GI zum ersten Mal seit dem ich das überblicke, einen Aufbruch wagt, und zwar genau in die Richtung, die Sie mit Recht fordern. …. Fakt ist: Die GI hat es in der jüngsten Vergangenheit geschafft, ihre Isolation zu überwinden. Wir werden als Ansprechpartner von anderen Wissenschaftsorganisationen, Branchenverbänden und der Politik geschätzt, wir werden eingeladen und unser Rat wird gehört. Das hat es in dieser Intensität nach meinem Wissen in der GI noch nie gegeben.

Ihre problematische Bewertung der GI kann ich daher nicht teilen. Vor fünf Jahren hätte ich sie noch geteilt, aber heute sind wir völlig anders positioniert. Ich vermute, dass Sie das bisher nicht wahrgenommen haben. Denn sonst müssten Sie eigentlich zu einem anderen Schluss kommen.

Darauf schrieb ich Peter Liggesmeyer, dass ich gerne bereit bin einzuräumen, dass ich nicht alles weiß, was die GI derzeit unternimmt. Wenn das stärker kommuniziert wird, kann es sein, dass sich meine Sorge reduziert. Sehr überrascht war ich, dass Peter Liggesmeyer von sich aus anbot, mir für ein ausführliches Interview zur Verfügung zu stehen. Ich werde darauf zurückkommen, vermutlich innerhalb der nächsten zwei Monate.

Freitag, 3. Juli 2015

Erdmessung, Kartografie und Geoinformatik von Gauß bis Google

Gottfried Konecny ist ein Studienkollege, mit dem ich mich im September 2013 in Stuttgart wiedertraf. Über unsere gemeinsame Studienzeit und die getrennten Lebenswege hatte ich in diesem Blog berichtet. Wir hatten einstmals beide auf dem Gebiet der gravimetrischen Erdmessung gearbeitet. In einem Beitrag über meinen Studienaufenthalt in Ohio hatte ich drüber berichtet. Soeben schickte mir Friedel (wie er aufgrund seines Rufnamens bei mir heißt) Unterlagen über ein Kartografie-Projekt, das er für die UNO durchführte. Das veranlasste mich, ihn um ein Interview zu allgemein interessierenden Fragen aus seinem Fachgebiet zu bitten.

Bertal Dresen (BD): Lieber Friedel, uns verbinden die Themen Erdmessung und Kartografie schon seit fast 60 Jahren. In moderner Sprechweise geht es dabei im weitesten Sinne auch um Geoinformatik. Darunter versteht man die Lehre vom Wesen und der Funktion raumbezogener Informationen (Geoinformation) sowie ihrer Erfassung, Speicherung, Analyse, Visualisierung, Interpretation und Verbreitung. Da Du auf diesem Gebiet selbst im Alter von über 80 Jahren noch aktiv bist, geniere ich mich nicht, Dir einige Fragen zu stellen. Die Leser dieses Blogs kommen zum großen Teil aus der (Kern-) Informatik. Beide Fächer leisten signifikante Beiträge zur modernen Welt und haben durchaus Berührungspunkte. Siehst Du das auch so?

Gottfried Konecny (GK): Als wir beide nach 1950 mit dem Studium des Vermessungswesens an einer deutschen Hochschule begannen (Du an der Uni Bonn und ich an der TH München), galt für das deutsche Vermessungswesen die Geodäsie als grundlegende Wissenschaft. Friedrich Helmert (1843-1917), der Begründer des Preußischen Geodätischen Instituts in Potsdam (1872) und der Begründer der Internationalen Erdmessungskommission (1886) hatte die Geodäsie definiert als Lehre von der Ausmessung und Abbildung der Erdoberfläche. Es war schon damals klar, daß neue Vermessungsmethoden (z. B. die elektronische Streckenmessung) die klassische Winkelmessung ersetzen oder zumindest ergänzen würden. Dazu zählte aber auch der Einsatz elektronischer Rechner, der um 1955 in der Geodäsie begann. Dieser rasanten Computerentwicklung ist es zu verdanken, dass aus der Bezeichnung "Vermessungswesen" heute "Geoinformatik" oder "Geomatik" geworden ist. Die Geoinformatik ist natürlich nur ein kleiner Teilbereich der Informatik, von der wir im Vermessungswesen enorm profitieren, weil sie uns erstmals eine Teilautomatisierung unserer Arbeitsprozesse ermöglicht.

BD: Seit Daniel Kehlmanns Bestseller ‚Die Vermessung der Welt‘ wissen viele Menschen, wer Carl Friedrich Gauß (1777-1856) war. Der zweite Held des Buches, Alexander von Humboldt, war der Nicht-Fachwelt schon eher bekannt. Kannst Du  ̶  so dass Laien dies verstehen  ̶  kurz skizzieren, welche Beiträge Gauß zur praktischen Erdmessung (oder angewandten Geodäsie) leistete. Welche Beziehung hat die Erdmessung zur Kartografie?

GK: Daniel Kehlmanns Buch ist zwar eine historische Fiktion, doch sie hat in der Tat Aufmerksamkeit für die von beiden Helden vertretenen Wissenschaften geweckt. Immerhin hat Alexander von Humboldt Gauß im Jahre 1826 in Göttingen besucht und 1828 war Gauß Gast bei Alexander von Humboldt in Berlin. Berühmte Naturforscher und Mathematiker hatten offenbar gemeinsame Interessen. Carl Friedrich Gauß war ein Universalgenie in der Mathematik, aber er war durchaus bemüht die Mathematik in praktischen Problemlösungen einzusetzen. In der Astronomie gelang ihm durch Berechnung einer elliptischen Umlaufbahn den Zwergplaneten Ceres zwischen Jupiter und Mars im Jahre 1801 wiederzufinden.

Im Jahre 1799 wurde er vom preußischen Oberstleutnant Lecoq angesprochen, ihn bei der trigonometrischen Aufnahme von Westfalen zu beraten. Aber seine wichtigen geodätischen Aktivitäten fanden ab 1818 statt, als er das Triangulationsnetz des Königreichs Hannover bei Lüneburg und Altona an die dänische Triangulation anschloss. Zwischen 1821 bis 1825 folgte die Hannoversche Gradmessung mit Anschluss an das holländische Netz und zwischen 1825 und 1845 die Hannoversche Landesvermessung, bei der Gauß 2600 geodätische Festpunkte neu berechnete. Die von Gauß angewandte Methodik basierte auf der Berücksichtigung von Messfehlern nach der Gaußschen Fehlerwahrscheinlichkeitskurve und deren Ausgleichung nach der Methode der kleinsten Quadrate, die wie schon bei der Auffindung von Ceres auch in der Geodäsie zu genaueren Resultaten führte. Seither gilt die Ausgleichung nach der Methode der kleinsten Quadrate zum Standard aller geodätischen Berechnungsmethoden.

BD: Du hast mir gerade eine Studie [1] geschickt, in der die Kartenabdeckung der Erde behandelt wird. Welche Rolle spielen zuverlässige Karten für die heutige Wirtschaft? Welche Kartentypen sind am wichtigsten?

GK: Topografische Karten, erstellt durch die Landesvermessungsbehörden der Staaten und Länder sind die Basisinformation zur geometrischen Erfassung der Objekte der Erdoberfläche. Dabei werden etablierte Genauigkeitsstandards eingehalten, die international normiert sind. Dies betrifft die Erfassungsgenauigkeit und den Raumbezug des geodätischen terrestrischen Referenzsystems, bis hin zum astronomischen Referenzsystem. Die Rolle und der Wert einer Karte ist offensichtlich eine Maßstabsfrage. Je größer der Maßstab desto aufwendiger ist die Erfassung der topographischen Detailobjekte (Häuser, Wege, Straßen, Objektsignaturen, Namen). Eine Karte ist ein Modell der Realität, welches eine verlässliche Grundlage für die Wirtschaft darstellen muss. Auf der Basis der geometrisch definierten Detailobjekte lassen sich thematische Attribute erfassen. Datenbanken, welche diese Informationen enthalten, ermöglichen die Ableitung einer Fülle thematischer Karten, welche für die Planung und die Verwaltung unentbehrlich sind.

BD: Schon seit unserer gemeinsamen Studienzeit war die Luftbildmessung (auch Photogrammetrie genannt) das vorherrschende Verfahren, um an die Basisdaten für die Kartenerstellung zu gelangen. Wie arbeitet die Digitale Photogrammetrie? Welchen Anteil haben heute Satellitenaufnahmen? Was sind heute deren Möglichkeiten und Grenzen? Wie erfolgt die Aktualisierung von Kartenwerken (auch Updates genannt)?

GK: Die Luftbildmessung gibt es seit dem 1. Weltkrieg, als 1915 ein Reihenmessbildner eingesetzt wurde. Im 2. Weltkrieg wurden die Karten für weite Teile der Erde (Europa, Asien) von kriegführenden Mächten mehrfach und unabhängig erstellt. Dies war nur durch Einsatz der Photogrammetrie möglich. In der Nachkriegszeit wurden auch viele Entwicklungsländer durch die Photogrammetrie kartiert. Seit etwa 25 Jahren werden die analogen Luftbildkammern mit Luftbildfilm durch leistungsstarke digitale Kameras ersetzt. Zudem gibt es seit etwa 15 Jahren hochauflösende Satellitenaufnahmesysteme, welche zusätzliche Kapazitäten bieten. Diese Möglichkeiten können eingesetzt werden, wenn die Staaten der Erde die Mittel für die Kartenherstellung und Nachführung der Karten besitzen und einsetzen wollen, wobei feststeht, dass eine Flächendeckung mit Karten einige Jahre braucht. Unsere Studie zeigt, dass eine ideale Situation für die Nachführung von Karten 1:25 000 etwa alle drei Jahre, nur in wenigen Ländern der Erde möglich ist.


Derzeitige Abdeckung der Erde im Maßstab 1:25 000 [1]

BD: Wieweit spielen staatliche Behörden (noch) die Hauptrolle bei Vermessung und Kartografie? Welchen Anteil haben private Unternehmen oder Einzelpersonen (Stichwort: Crowd Sourcing)?

GK: Es gibt keine echte Alternative für öffentliche Vermessungsbehörden, da es auf amtliche, also verlässliche Datenerfassung und Datenverwaltung ankommt. Ansonsten ist eine Raumdatenverwaltung oder ‚national spatial data infrastructure‘ (NSDI) nicht realisierbar. Nur wenige Länder beziehen Crowd Sourcing in die Datenerfassung ein. Falls sie es tun, muss die Qualitätskontrolle durch eine unabhängige öffentliche Institution oder Behörde erfolgen. Das Verfahren ist dann ähnlich wie bei Ländern, wo die gesamte Datenerfassung durch Ausschreibung an internationale Firmen erfolgt, wie z.B. in Saudi Arabien. Die Regierung führt die Ausschreibung, die Qualitätskontrolle und die Datenverwaltung durch.

BD: Das Militär hat ja immer ein besonderes Interesse an genauen Karten. Es ist daher kein Wunder. dass unsere Navigationssysteme das vom amerikanischen Militär entwickelte Global Position Sensing (GPS) nutzen. Auch das Internet hat seinen Ursprung in militärischer Forschung. Wie siehst Du diesen Zusammenhang? Überwiegen die Nachteile oder die Vorteile?

GK: Geodätische Genauigkeit, wie sie das GPS liefert. ist natürlich für den Abschuss und die Zielgenauigkeit von Raketen sehr wichtig, ebenso wie die Orientierung am Boden. Das Militär war schon in unserer Studienzeit ein "Driver". Schließlich ist unser Studienort an Ohio State eine Initiative des US-Militärs gewesen. Auch heute ist die schnelle Bereitstellung topografischer Karten in Krisengebieten der Erde, das militärisch bestimmte Geospatial Mapping (MGCP), eine zwar geheime aber effektive Maßnahme. Mehrere Firmen, wie etwa Eastview Geospatial in Minneapolis, MN, ermöglichen es Unternehmen und Privatleuten, geheime militärische Karten in großen Maßstäben von Indien, Pakistan, Russland oder Nordkorea zu kaufen.

BD: Bei den Darstellungen in Deinem Bericht zeigt es sich, dass die aktuelle Abdeckung der Welt mit Karten sehr unterschiedlich ist. Dass Afrika zurückhängt, überrascht mich nicht. Dass Sibirien voll erschlossen ist, wundert mich. Ist der Bedarf unterschiedlich oder scheitert die vollständige Abdeckung an den Kosten und den lokalen Fähigkeiten? Wo greifen internationale (zivile) Gremien wie die UNO ein?

GK: Das liegt einzig allein an den Prioritäten der Länder und ihrer Geldgeber. In Russland hat seinerzeit Lenin die Weichen gestellt, indem er sagte, Kartografie ist wichtig. In den Entwicklungsländern hat die technische internationale Zusammenarbeit bei der kartografischen Datenerfassung mitgeholfen den Stand der Datenerfassung zu verbessern. Insbesondere Frankreich und Japan haben sich sehr stark bilateral beteiligt. Deutschland hat sich bei der Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern mehr multilateral engagiert, aber im allgemeinen vermieden die Geodateninfrastruktur rein technisch zu fördern.

BD: Ein spezielles Thema sind Katasterdaten und Katasterkarten. Dass Griechenland hier zurückhängt, ist bekannt. Aber auch Albanien, Serbien, Portugal, ja selbst die USA, Kanada und Brasilien haben nicht das Niveau, das wir gewohnt sind. Woran liegt das? Haben diese Länder Alternativen entwickelt? Ohne Grenzsteine kommt man in England und Irland aus. Hatten unsere deutschen Kollegen hier des Guten zu viel getan?

GK: Kaiser Josef II. von Österreich und Napoleon Bonaparte in Frankreich haben das Liegenschaftskataster im 18. und 19. Jahrhundert zur Besteuerung eingerichtet. Seit dem 20. Jahrhundert weiß man, dass das Liegenschaftskataster eine gute Basis darstellt, um auch topografische Daten nachzuführen. Topografische Daten, z.B. Gebäude, waren für die Verwaltung von Landflächen ebenso wichtig, wie die FlurstücksgrenzenIn England und Irland wurde der entgegengesetzte Weg gewählt. Dort lag das Hauptinteresse auf der Topografie, die Flurstücksgrenzen waren Nebensache. Die Entwicklungen in Mitteleuropa hatten Auswirkungen auf Osteuropa und die in England auf die Länder des ehemaligen Britischen Weltreichs, einschließlich der USA. Dort hat man die Fragen der Liegenschaftsverwaltung den Juristen und nicht den Geodäten überlassen.

Der peruanische Wirtschaftswissenschaftler Hernando de Soto (*1941) hat von den schweren Nachteilen eines solchen Systems gesprochen, denn Land, bei welchem die rechtlichen Verhältnisse nicht geklärt sind, ist totes Kapital. [De Sotos Buch 'Freiheit für das Kapital' hatte ich im September 2011 in diesem Blog besprochen]. Deshalb hat die Weltbank in den Transformationsländern der ehemaligen Sowjetunion ein mustergültiges Liegenschaftskataster in kürzester Zeit eingeführt. Diesem Beispiel folgend schlägt die Weltbank ein ähnliches Programm für die Länder Afrikas und Asiens vor mit der Bezeichnung Fit for Purpose, bei dem die neuen technischen Möglichkeiten unter Neufestlegung der Spezifikationen rasch und kostengünstig zum Einsatz kommen können. Die Internationale Föderation der Vermessungsingenieure (FIG) hat die wesentlichen Anforderungen für die Einrichtung eines Liegenschaftskatasters im Jahre 1989 unter dem Namen Kataster 2014 zusammengefasst. Leider haben erst etwa 40 bis 50 der 193 UNO-Mitgliedsländer solche Systeme.

BD: Dass Google bei elektronischen Karten die Nummer 1 ist, weiß jedes Kind. Wie weit erstellt Google die Karten selbst? Basieren Googles Karten auf offiziellen Daten? Wie verlässlich sind sie? Wie sieht es mit Microsoft (Bing Maps), Nokia und TomTom aus? Ging Google mit Street View zu weit?

GK: Google scheint die Anstrengungen der Vermessungsverwaltungen der Staaten und Länder überholt zu haben, aber nur scheinbar, denn eine Umsetzung der kartografischen Objektstruktur der Daten, einschließlich der Namen wäre ohne Einbeziehung gekaufter offizieller kartografischer Daten eine fast  nicht zu bewältigende Aufgabe gewesen. Wo gute kartografische Daten verfügbar sind, praktiziert Google das Ground-Truth-Modell, welches hilft, die Google-Maps-Karten durch Informationen aus Luft- und Satellitenbildern zu verbessern. Allerdings gelingt das nur mit begrenzter geometrischer Genauigkeit vom etwa 1 m bei Luftbildern und von 10 bis 100 m bei schräg aufgenommenen Satellitenbildern. Wo sie offiziell nicht nachgeführt sind, hilft Google Street View die Daten zu aktualisieren. Google Street View wird von Google übrigens auch dann für eigene Zwecke verwendet, wo die rechtliche Möglichkeit eines Street-View-Einsatzes nicht gegeben ist. Die Zukunft von Bing Maps ist derzeit nicht übersehbar, da Microsoft diese Projekt an Uber weitergegeben hat. Bei den Navigationssystemen Here (von Nokia) und TomTom stehen die Verkehrswege mit ihren Verkehrsbeschränkungen eindeutig im Vordergrund und nicht die Kartografie.

Herkunft des Kartenmaterials bei Google [2]

BD: Bei meiner Informatik-Vorlesung Ende der 1990er Jahre für Geodäten an der TU München war der Frauenanteil unter den Hörern rund 30%. Das war in meiner Studienzeit anders. Wird die Geodäsie ein Frauenberuf und warum?

GK: Der mühevolle Außendienst des Vermessungsingenieurs in den Zeiten von Gauß ist durch die technischen Erneuerungen leichter geworden, die Büroarbeit überwiegt jetzt. Die ist auch für Frauen leichter zu bewältigen. Deshalb ist der Beruf nun auch für Frauen interessant.

BD: Mir wurde damals gesagt, dass es auch die zunehmenden Aufgaben in der Umwelt- und Landschaftspflege seien, die Frauen besonders anzögen. Du machst  ̶  wie ich sehe  ̶   über 20 Jahre nach Deiner Emeritierung noch allerlei auf fachlichem Gebiet. Ist das Deine Methode, um geistig fit zu bleiben?

GK: Ich schätze mich glücklich meine Laufbahn im akademischen Sektor eingeschlagen zu haben, so wird man geistig nie arbeitslos. Auch das Internet ist eine gute Quelle, um die Fortschritte unseres Berufsstandes zu verfolgen, an Konferenzen teilzunehmen und einen gelegentlichen Beitrag zu leisten.

BD: Vielen Dank, Friedel. Wie Du weißt, habe ich meine berufliche Erfüllung außerhalb der Geodäsie gefunden. Umso mehr freut es mich, mal einen fachlichen Update zu bekommen über all das, was mir entgangen ist.

Referenzen:

1. Konecny, G., Breitkopf, U., Radtke, A., Lee, K.: The Status of Topographic Mapping in the World, a UNGGIM-ISPRS Project 2012 – 2014. Institute of Photogrammetry and GeoInformation, Leibniz University Hannover, Germany, and Eastview Geospatial, Minneapolis, MN, USA.

2, Google Maps basieren auf drei Arten von Daten (a) Offiziellen Karten (Ground Truth) in Nordamerika, Europa und Australien, (b) Auf vertraglich erworbenen privaten Daten (Map Maker) in Afrika, Mittlerem Osten und Indien und (c) auf Gegenleistungen zu Googles Bilddaten (Video Rental) in Russland und China.