Donnerstag, 12. Juli 2012

Klimadebatte – nichts als Alarmismus?

Alarm ist etwas Gutes. Es ist eine Warnung, die ertönt, aber nur dann, wenn Gefahr droht. Alarmismus ist nicht gut. Es ist eine Übertreibung, ja eine gefährliche Verzerrung. Es ist dasselbe Verhältnis wie bei dem Wortpaar Islam und Islamismus. Der Islam fällt unter die Freiheit der Religion. Gegen Islamismus helfen nur Polizei und Verfassungsschutz. Das Urteil, alles sei nur Alarmismus, was über den Klimawandel gesagt wird, fällt  ein Buch, das ich gerade gelesen habe. Es ist eigentlich ein einziger, massiver Vorwurf, der gegen die offizielle Politik erhoben wird. Ich meine das Buch `Die kalte Sonne‘ von Fritz Vahrenholt und Sebastian Lüning. Es hat 445 Seiten und allein bei Amazon seit seinem Erscheinen im Februar 2012 bereits über 100 Rezensionen erhalten.

Ehe ich etwas derart Politisches lese, frage ich zuerst, wer die Autoren sind. Der Name Vahrenholt kam mir bekannt vor. Er war Umwelt-Senator in Hamburg von 1991-1997 unter Henning Voscherau (SPD). Jetzt arbeitet er für das RWE, einen unserer vier Energie-Riesen. Lüning ist ein junger Wissenschaftler, Spezialist für historische Klimaforschung mittels Auswertung von Bohrkernen. Ein Ex-Politiker, so dachte ich, gebremst und mit Fakten versorgt von einem Fachmann.

Schuld an einem verhängnisvollen Fehlalarm sei das Intergovernmental Panel on Climate Change, kurz IPCC genannt. Es ist dies eine UN-Organisation und wird von dem Inder Rajendra Pachauri geleitet. Im Deutschen spricht man auch vom Weltklimarat. Seit seiner Gründung im Jahre 1988 hat er vier Sachstandsberichte geliefert, den letzten im Jahre 2007. Zusammen mit dem ehemaligen US-Vizepräsidenten Al Gore erhielt der IPCC im Jahre 2007 den Friedensnobelpreis.

Ich schicke vorweg, dass ich nicht zu 100% beurteilen kann, ob alle Vorwürfe berechtigt sind. Bekannt ist, dass dem IPCC einige Schnitzer unterlaufen sind. So wurde berichtet, dass von einem Mitarbeiter in England Daten manipuliert wurden. Auch wurde eine Prognose veröffentlicht, dass alle Himalaya-Gletscher in nur wenigen Jahrzehnten schmelzen würden. Bei der Pazifikinsel Vanuatu, für deren Absinken zunächst ein Ansteigen des Meeresspiegels als Ursache verkündet wurde, wurden tektonische Plattenbewegungen nachgewiesen. Alle diese Fälle seien nicht isolierte Fehler gewesen, sondern Methode. Alles, was die Kernbotschaft des IPCC unterstützt, würde gebracht. Alles andere würde unterschlagen oder hingebogen.

Die Kernbotschaft des IPCC laute: Für die gefährliche Erwärmung der Erde in den letzten Jahrzehnten gibt es nur einen Grund, und der ist von Menschen gemacht (anthropogen). Es sei der durch die Nutzung fossiler Brennstoffe verursachte erhöhte Kohlendioxyd-Ausstoß (CO2-Ausstoß). Der führe zu einem Treibhaus-Effekt. Es sei daher die Aufgabe der Menschheit, so schnell wie möglich den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Es wurden zulässige Zielvorgaben errechnet, bei deren Einhaltung die zusätzliche Erwärmung 2° Celsius nicht überschreiten würde. Bekanntlich wurde 2009 bei der Konferenz in Kopenhagen heftigst darum gerungen, alle Länder zu einer Selbstverpflichtung zu überreden. Es scheiterte am Widerstand der Schwellenländer, angeführt von China. Ihr Argument war: Das Problem hätten die Industrieländer zu verantworten. Es sei unfair, die Entwicklungs- und Schwellenländer daran zu hindern, auf das Wohlstandsniveau der Industrieländer aufzuholen.

Die wesentliche Kritik des Buches an der IPCC-Methode ist, dass eine mono-kausale Sicht nicht wissenschaftlich sein kann, und dass das IPCC sich primär von politischen Erwägungen leiten lässt. Das politische Ziel sei es, einen Transfer von Ressourcen weg von den Industrieländern hin zu den Entwicklungsländern zu erreichen. Das immer wiederkehrende fachliche Argument der Autoren ist, dass der Einfluss der Sonne auf das irdische Klima entweder unterschätzt oder aber ausgeklammert wurde. Die Wahrheitsfindung würde auch hier durch wissenschaftliche Cliquen erschwert, die um Forschungsmittel und Lehrstühle kämpfen.

Bekanntlich wird das Klima durch diverse Rückkoppelungseffekte in der Atmosphäre und in den Ozeanen bestimmt. Den El Niño im Südpazifik kennt jedes Kind. Aber auch die Sonne durchläuft periodische Schwankungen, was ihre Wärmeausstrahlung und ihr Magnetfeld betrifft. Die von der Aktivität in der Sonne bewirkten Schwankungen lassen sich mit der Größe und Zahl der Sonnenflecken in Beziehung setzen. Außerdem gibt es Schwankungen in der relativen Position von Erde und Sonne. Es gibt kurzfristige (11 Jahre), mittelfristige (60-90 Jahre) und langfristige Schwankungen (500-1000 Jahre), die sich überlagern. Alle diese Schwankungen sind schon lange bekannt. Was weniger bekannt ist, ist ihre Auswirkung. Würde Erik der Rote (um 950-1003) als Kronzeuge zur Verfügung stehen, wäre die Streitfrage leicht zu klären. Er überzeugte Isländer und Norweger mit ihm auf der Grünland genannten Insel zu siedeln. Dort herrschte damals ein Klima, das Wein- und Obstbau gestattete.

Der in den letzten 100 Jahren festgestellte stetige Anstieg der durchschnittlichen Erdtemperatur sei in den letzten 10 Jahren (angeblich) zum Stillstand gekommen. Ich frage mich, wieso ist mir dies in den sonst so sensiblen Medienberichten bisher nicht aufgefallen. Oder ist es totgeschwiegen worden, weil Medien grundsätzlich nur die schlechten Nachrichten bringen? Für dieses (nicht in das Schema passende) Phänomen habe der Weltklimarat keine Erklärung. Nach Ansicht der Autoren kann dieses Abflachen durchaus auf einen der vielen Sonnenzyklen zurückzuführen sein. Die Sonne schwächelt gerade. Sie tritt in eine Phase, die zu niedrigeren Temperaturen führt (daher der Titel des Buches). Die Aufwärmung der Erde verschiebe sich und ist möglicherweise auch in den nächsten 50 Jahren nur halb so groß wie vom Weltklimarat geschätzt.

Ein Beispiel, wo die Auswirkung kosmischer Strahlung nach Ansicht der Autoren bisher völlig unterschätzt wurde, ist der Prozess der Wolkenbildung. Damit verwandt ist die Funktion von Aerosolen. Das sind atomare oder molekulare Schwebeteilchen. Sie können Sonnenlicht direkt reflektieren oder aber die Wolkenbildung beeinflussen. Den meisten Klimamodellen, die vom IPCC benutzt werden, läge keine gute Theorie für die Wolkenbildung zugrunde.

An dieser Stelle treffen die Autoren bei mir auf verwandte Gedanken, die ich schon des Öftern geäußertes habe. Modellbauer laufen überall Gefahr, nur das für ihr Modell als relevant anzusehen, was sie verstehen. Wo immer es Lücken im Verstehen gibt, gibt es Fehler im Modell. Man kann auch keine Kompensation für unbekannte Fehler machen. Deshalb ist es wichtig, dass man Modelle testen kann, d.h. mit der Realität vergleichen kann. Bei Computer-Programmen, die ja auch Modelle sind, hat man fast immer Testdaten, also Bezugspunkte zur Realität. Dabei ist es alles andere als trivial, zu beschreiben, was ein vollständiger Testsatz ist.

Klima-Modelle werden mit Hilfe historischer Daten getestet. Die etwa 30 Klima-Modelle, die es gibt, unterscheiden sich dadurch, mit welchen Ausschnitt der Vergangenheit sie kalibriert wurden. Oder anders herum gesagt, man nimmt für jedes Modell nur die Werte, die passen. Dann noch zu sagen, dass man aus Modellen etwas über die Realität lernt, ist reine Selbsttäuschung. Kein Programmierer der Welt würde sich trauen zu behaupten, dass er aus einem Programm, das er entwickelt, etwas über die Realität lernt. Er wird lediglich dazu gezwungen, bevor er das Programm schreibt, mehr als bisher nötig über die Realität zu erfahren.

Die Argumente gegen das vom IPCC verkündete Szenario werden mit Unmengen von Tabellen und Grafiken sowie Hunderten von Literaturzitaten untermauert. Die Autoren gelangen zu dem Ergebnis, dass die Dringlichkeit, mit der bisher das Klimaproblem angegangen wurde, überhaupt nicht berechtigt ist. Eine massive Umlenkung von Ressourcen ist nicht nötig. Die schwächelnde Sonne sorgt sogar dafür, dass wir auch andere Probleme, wie die Welternährung oder die Wasserversorgung angehen können. Vielleicht erhalten wir sogar die Zeit, um andere Energiequellen zu erschließen. Eine davon könnte die Kernfusion sein. Oder aber eine ausgereiftere Form der Kernspaltung.

Wie sagt da der Berliner so schön? ‚Nachtigall, ick hör dir tapsen!‘

2 Kommentare:

  1. I have heard anecdotal reports of academic research grants to the National Science Foundation and National Institutes of Health in the USA incorporating climate "detours" in order to increase likelihood of successful approval.

    My brother is a geophysicist (MS Stanford) and has been convinced that there is some climate-change virus that has attacked scientists for these last years - preventing them from looking objectively at the data. His point is also that the CO2 level contribution to the warming is just NOISE in comparison to the effect of the sun - which undergoes enormous variations in strength and energy. He is an expert in magneto-tellurics and often measures solar wind.

    I had to laugh at "sonst so sensiblen Medienberichten".

    Calvin Arnason

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  2. Am 14.7.2012 schrieb Peter Hiemann aus Grasse:

    ich habe vor kurzem gelesen, dass der Energieverbrauch einer durchschnittlichen Person heute in Europa einen Lebensstandard erlaubt, von dem die alten Römer nur träumen konnten. Ein alter Römer hätte 50
    Sklaven gebraucht, die für einen entsprechenden Energieaufwand hätten aufkommen müssen. Bei diesem Vergleich handelt es sich allerdings um einen Kategorienfehler. Lebensstandard und Energieaufwand gehören
    verschiedenen Kategorien an. Aber eine Korrelation zwischen beiden ist nicht von der Hand zu weisen. Ich denke auch, dass eine Korrelation zwischen Energieverbrauch, der enorm angewachsenen Erdbevölkerung
    und Klimaphänomenen existiert. Die Diskussion über das Thema wird politisch und wissenschaftlich kontovers geführt, weil mit dem Thema Energie gravierende ökonomische Interessen verknüpft sind. Man hört nicht nur die "Nachtigaln trapsen", sondern man hört auch die "Spatzen von allen Dächern pfeifen".

    [Nachbemerkung BD: Zu einer zahlenmäßigen Korrelation muss auch eine Kausalbeziehung hinzukommen. Sonst ist das Ammenmärchen von den Störchen, die Babys bringen, durch das Fernbleiben von Störchen in unseren Breiten ja statistisch bewiesen.]

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